Endlich wieder Ungarn! Über ein Jahr konnten wir pandemiebedingt nicht mehr fahren, da die ungarischen Grenzen für Ausländer bis auf wenige „sinnvolle“ Ausnahmen wie Fußballspiele rigoros geschlossen blieben. Der normale Vereinsbetrieb mit den Vermittlungen konnte zwar mit vielen Telefonaten und Emails aufrechterhalten werden – auch virtuelle Vereinsversammlungen wurden abgehalten. Die vermittelten Hunde kamen mit unseren bewährten Transporteuren nach Deutschland, aber der persönliche Austausch mit den Kolleginnen in Siófok fehlte doch sehr, wir lebten sozusagen von der Substanz. Ende Juni 2021 wurde nun die Grenze fast überraschend geöffnet, so dass wir die seit langem geplante Sommerfahrt tatsächlich antreten konnten. Ein kleines Problem bestand noch durch das Verbot gewerblicher Übernachtungen, aber  die Tierheimleitung Zsuzsi Vörös fand patent Abhilfe, indem wir privat bei Bekannten in einem kleinen Ferienhaus in Balatonvilágos unterkamen.

Wie von früheren Fahrten gewohnt, war der Transporter bis unters Dach gepackt mit Futter, Decken, Medikamenten – die Spendenlager des Vereins waren immer noch gut gefüllt, obwohl wir letztes Jahr schon eine dicke Ladung mit einem Spediteur nach Ungarn geschickt hatten. Da erst kürzlich mehrere Hunde mit unserem Transporteur nach Deutschland gereist waren, war für die Rückreise nur die Labradorhündin Summer als Passagierin gebucht, was uns aber angesichts der ungewissen Situation an den Grenzen nicht unrecht war. Die Tracespapiere für Summer wurden auch rechtzeitig fertig; durch den Wechsel des Vereinssitzes nach Puchheim ist jetzt das Veterinäramt Fürstenfeldbruck für uns zuständig und die Abläufe sind etwas anders als früher in München. 

Wir kamen schön früh los, und bis Wien ging es flott durch. Wegen eines Staus auf der Südumfahrung hat uns Google eine spannende neue Strecke durch Wien gezeigt, aber insgesamt gab es nur wenig Verkehr und somit kamen wir komfortabel am späten Nachmittag in Balatonvilágos an. Nach einer kurzen Erfrischung ging es nach Siófok zum Abendessen und einem Bummel durch die Stadt. Normalerweise wäre jetzt absolute Hochsaison und die Stadt zum Brechen mit Urlaubern und Partygästen voll, aber wegen der Corona-Auswirkungen und des Übernachtungsverbots waren kaum deutsche Touristen da -die Ungarn haben den Strand des Balaton heuer quasi für sich alleine.

Samstag dann der traditionelle ausgedehnte Tierheimbesuch, auf den ersten Blick war alles wie immer, bei genauerem Hinsehen gab es aber doch einige Neuigkeiten wie zwei nagelneue Container auf dem Gelände, einer wird als Lager genutzt und einer als Krankenstation mit Klimaanlage. Die ist auch dringend nötig, denn nach einem sehr nassen Juni zeigt sich jetzt der Juli von seiner heißen Seite, mit weit über 30 Grad Höchsttemperaturen. Die Hunde in den Zwingern haben zwar ausreichend Schatten und genügend Wasser, trotzdem überall Gehechel.

Beim Rundgang wurden alle aktuell im Tierheim befindlichen Hunde eingehend besprochen,  welche Fortschritte gemacht wurden und wie wohl ein geeigneter Vermittlungsplatz aussehen könnte. Ein Problem, das der Tierheimleitung zunehmend Sorgen bereitet ist der immer größer werdende Anteil schwer oder gar nicht vermittelbarer Hunde, wie aggressive unverträgliche Rüden, oder Listenhunde, die sich einer permanent steigenden Beliebtheit als spontane Neuanschaffung erfreuen, dann aber im Tierheim abgegeben oder beschlagnahmt werden, weil sie im Alltagleben sich doch eher als ungeeignet erweisen. Waren es vor einigen Jahren noch vielleicht 30% schwer vermittelbare Langzeitinsassen im Tierheim, hat sich dieser Anteil heute verdoppelt, Tendenz weiter steigend. Das bedeuten natürlich zum einen Kosten für Futter und Tierarzt, zum anderen nehmen diese Hunde anderen, die eventuell gute Chancen auf ein neues Zuhause hätten, den Platz weg – ein kaum lösbares Problem, wir möchten hier nicht in der Haut der Kolleginnen in Siófok stecken. Wir können lediglich wie bisher finanziell, mit Spenden und durch unsere aktive Vermittlungstätigkeit helfen.

Nach dem Entladen der Sachspenden mit der Hilfe aller Tierheimmitarbeiter konnten wir bei Kaffee und Kuchen 2.500 Euro als Kostenbeitrag für kürzlich vermittelte Hunde und als Spende überreichen. Wie immer eine große Hilfe für das Tierheim, das öffentliche Mittel lediglich zur Deckung der Personalkosten erhält. Vor allem die steigenden Tierarzt- und Laborkosten fressen einen immer größeren Teil des Budgets auf. Die Hundehilfe Marika ist nun seit vielen Jahren eine zuverlässige Stütze für das Tierheim Siófok – manche andere Vereine kommen und gehen, aber wir unterstützen nun seit mehr als 10 Jahren durch Sach- und Geldspenden, und natürlich auch durch die Vermittlung von Hunden nach Deutschland und in die Schweiz, die Kolleginnen vor Ort. Die letzten Jahre haben wir uns ausschließlich auf Siófok konzentriert, was sowohl für uns wie auch für das Tierheim eine positive Erfahrung war.

Ziemlich eingestaubt und durchgeschwitzt, und mit vielen Eindrücken geht es heim nach Balatonvilágos in unsere kleine Datscha. Ein Abschiedsabendessen unterm Wasserturm in Siófok, dann ging es früh ins Bett, wir mussten ja früh raus. Um 8 Uhr waren wir im Tierheim angesagt, das Verladen nur eines Hundes ging sehr schnell und es ging nach Hause. Die Rückfahrt verlief bis auf einen nervigen Stau an der ungarisch-österreichischen Grenze – es wurde durch die österreichische Grenzpolizei penibelst jedes Fahrzeug kontrolliert, ob die Sache  mit Corona zu tun hatte, blieb eher unklar – recht problemlos und wir waren am Nachmittag zuhause. Summer wurde glücklich von ihren neuen Besitzern empfangen, musste aber nochmal ein paar Hundert Kilometer in ihr neues Heim weiterreisen.

Wir waren froh und dankbar, dass es mit der Fahrt nach einjähriger Pause geklappt hat. Als  Termin für die nächste Fahrt ist Weihnachten geplant, aber nach den Erfahrungen der zurückliegenden Zeit sind wir zurückhaltend mit konkreten Plänen – wir müssen vermutlich eher spontan reagieren, je nach Infektionsgeschehen und politischen Spielchen der Ungarn und der EU. Für heute heißt es Viszontlátásra! (ungarisch für „Auf Wiedersehen“)

Martin Valk