Der Weihnachtshund
Schon kurz nach der Sommerfahrt im Juli wurde mit dem Tierheim eine zweite Fahrt für
dieses Jahr ins Auge gefasst, traditionell in der Vorweihnachtszeit. Es scheint, dass sich 2 oder 3 Fahrten im Jahr als ein neuer Rhythmus für uns einpendeln könnte – die Zeit zwischen den Fahrten reicht aus, um genügend Sach- und Geldspenden sammeln zu können, und es tut sich im Tierheim genug, damit der Rundgang und die Gespräche mit der Tierheimleitung neue Erkenntnisse für die Vermittlung ergeben.
Wie bei der Sommerfahrt wurde ein Transporter für die Reise angemietet. Schon im Reisebericht zur Juli-Fahrt wurde erwähnt, dass wir somit auf dem Rückweg keine Hunde mitnehmen konnten, denn das strenge TRACES Verfahren der Veterinärämter erfordert die Nennung eines für den Tiertransport zugelassenen Fahrzeugs, was mit einem Mietfahrzeug nicht erfüllbar ist. Trotz der mehreren hundert Euro Kosten pro Fahrt für Miete, Diesel und Maut lohnt sich die Fahrt, denn ein Transport der Sachspenden mit einer Spedition kostet mindestens genauso viel, und der persönliche Kontakt mit den Kollegen und Kolleginnen im Tierheim ist unbezahlbar.
Der Zeitpunkt für die Fahrt war gut gewählt, denn der katastrophale Wintereinbruch im Großraum München lag hinter uns, nur noch vereiste Schneeberge erinnerten an die weiße Pracht des ersten Adventwochenendes. Lediglich die Lokführer wollten uns einen Streich spielen: durch den GDL-Streik gestaltete sich die Anreise mit der S-Bahn zur Vermietstation abenteuerlich und zog sich in die Länge. Mit einiger Verspätung wurde das Lager in Puchheim angesteuert, und der Transporter mit über 140 Dosen Hundefutter, vielen Kartons und zahllosen Säcken mit Decken, Handtüchern, medizinischem Material und Medikamenten beladen. Erwähnenswert ist, dass die meisten Sachspenden durch einen Aufruf im Oktober auf Facebook und Kleinanzeigen.de, und durch gezieltes Anschreiben von Tierarztpraxen im Münchner Raum einliefen.
Über Braunau ging es nach Linz, und wir stellten mit Freude fest, dass in Österreich Mariä Empfängnis ein Feiertag ist – was uns erfreulicherweise den üblichen Stau im Berufsverkehr um Wien ersparte. Da es so gut lief und wir Kilometer sparen wollten, nahmen wir die landschaftlich schöne „82er“ Strecke über Zirc und Veszprem. Da es schon um 16 Uhr tiefe Nacht war, waren wir froh kurz danach in unserem vorgebuchten Quartier anzukommen. Leider diesmal nicht unsere geliebte „Pension Bella“, da diese wegen der hohen Heizkosten in diesem Winter geschlossen bleibt. Das günstige Hotel direkt an der im Winterschlaf befindlichen berüchtigten Siofoker Partymeile war aber ein adäquater Ersatz, und hatte auch einen abgesperrten Parkplatz, was uns besser schlafen ließ. Ein kurzes Abendessen und ein Bummel über den kleinen Weihnachtsmarkt auf dem Platz am Wasserturm mussten aber sein. Ein Kürtöskalács, zu Deutsch Baumstriezel, wurde noch probiert – hier wird er über Holzkohlefeuer gebacken, deutlich besser als das Gebäck, das man auf unseren Märkten bekommt!
Am Samstag ging es dann vormittags ins Tierheim. Auch hier hatten wir mit dem Wetter Glück – es war zwar nasskalt mit Temperaturen um den Gefrierpunkt, aber Niederschlag bleib aus. Die Hunde in den Zwingern stehen quasi bis zu den Knien im Matsch, und wir sahen auch im Nu ziemlich schlammig aus, nachdem uns die ersten Tierheimbewohner auf Hundeart durch Anspringen begrüßt hatten – trotz unserer Kampfausrüstung mit Gummistiefeln, Parka und alten Jeans . Beim Rundgang wurden alle aktuell im Tierheim befindlichen Hunde eingehend besprochen, welche Fortschritte gemacht wurden und wie wohl ein geeigneter Vermittlungsplatz aussehen könnte. Leider setzt sich der Trend der letzten Jahre fort, nämlich dass im Tierheim ein immer größerer Anteil schwer vermittelbarer Langzeitinsassen vergeblich auf ein warmes Körbchen in einem sicheren Zuhause wartet. Einige Hunde sind so aggressiv, dass sie auch eine Gefahr für die Tierheimmitarbeiter bedeuten können. Erfreulich zu sehen war der rege Publikumsverkehr an dem trüben Samstag, es wurden zahlreiche Spenden abgegeben und einige Spaziergänger nahmen Hunde mit auf eine ausgedehnte Gassirunde.
Nach Beendigung des Rundgangs wurden die Sachspenden mit der Hilfe aller Tierheimmitarbeiter entladen. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie schnell das Chaos aus Futterpaletten, Kartons und Säcken von den Mitarbeitern gesichtet, sortiert und in den diversen Lagerräumen verstaut wird. Anschließend durften wir uns im Büro aufwärmen und bekamen Kuchen zur Stärkung serviert, denn nun ging es an den Papierkram. Dieses Mal hatten wir ein dickes Bündel Banknoten dabei, denn es wurden seit Juli 25 Hunde vermittelt, für die das Tierheim in der Regel 200 Euro pro Hund als Kostenbeitrag von uns erhält. Auch eine große Spende von fast 5.000 Euro konnten wir übergeben – eine echte Weihnachtsüberraschung für das Tierheim, ermöglicht durch einige Großspenden und viele Kleinspenden die uns in den letzten Monaten erreicht haben – Aktionen wie die aktuellen laufenden Weihnachtsengel helfen hierbei. Da unsere Kostenquote praktisch Null ist, kommt jeder Euro Spende voll dem Tierschutz zugute und versickert nicht teilweise in Personal- oder Verwaltungskosten wie bei anderen, größeren Organisationen. Die Tierheimleitung Szuszi Vörös erklärte uns, dass der Ersatz des über 20 Jahre alten Ford Transit des Tierheims oberste Priorität hat, ein Ersatz des Fahrzeugs mit über 600.000 km auf dem Buckel ist dringend nötig, hierauf wird aktuell gespart und unsere Spende wird hierzu beitragen.
Die größte Freude konnten wir Zsuszi aber mit der Mitteilung machen, dass der kleine Terrier Stracsi, die seit August auf eine Vermittlung wartet, aber vermutlich wegen ihrer gesundheitlicher Baustellen (Herzwurm und verkürztes Hinterbein) bisher kein neues Zuhause finden konnte, kurzfristig mit der nächsten Fahrt am 18.12. ausreisen kann. Der Autor dieses Beitrags konnte als bekennender Terrierliebhaber dem Charme Straczis nicht widerstehen, und nach kurzer Rücksprache mit Daheim wurde flugs eine Pflegestelle eingerichtet – die sich aber durchaus zu einer Dauerstelle entwickeln könnte, sofern die Eingliederung in das kleine Rudel gelingt. Sozusagen ein Weihnachtshund, der die Stelle von Vacak einnehmen wird – unser Dackel-Terrier Mix der 2009 aus Siofok aus Marikas Obhut zu uns kam, und dieses Jahr an Ostern mit 17 Jahren, davon fast 15 glückliche Jahre bei uns, gestorben ist.
Matschbespritzt und immer noch durchgefroren ging es zurück in unsere Unterkunft, eine heiße Dusche und frische Klamotten waren dringend nötig. Nach dem Abschiedsabendessen konnten wir natürlich wieder nicht an dem fleißigen Kürtöskalács Bäcker vorbeigehen, auch wenn wir eigentlich satt waren.
Am nächsten Tag gab es eine kleine Überraschung draußen: alles war weiß, es hatte in der Nacht geschneit. Die ersten Kilometer auf der Autobahn bis Székesfehérvár und dann weiter auf der Landstraße waren eine rechte Schlitterpartie, aber es ging im wahrsten Sinne des Wortes glatt und wohlbehalten auf die Autobahn bei Györ, wo der weiße Spuk ein Ende hatte. Nach einer wieder erfreulich reibungslosen Fahrt waren wir am frühen Nachmittag zurück in Puchheim Lästig waren lediglich die Kontrollen durch die österreichische Polizei, die wir bei Ein- und Ausreise an der Grenze bei Nickelsdorf erleben durften – ein ramponierter weißer Renault Master passt vermutlich perfekt ins Beuteschema der Schlepperjäger.
Wir blicken auf eine erfolgreiche Fahrt zurück, unsere Spendenlager sind wieder leer und die zahlreichen wertvollen Sachspenden im Tierheim in Siófok, wo sie sehnlichst erwartet wurden. Zudem konnten wir erneut eine ordentliche Finanzspritze abliefern, die im Wesentlichen durch unsere großzügigen kleinen und großen Geldspender ermöglicht wurden – ein herzlicher Dank hierfür! Alina Grüner konnte aus den Gesprächen mit der Tierheimleitung viele wichtige Informationen zu den einzelnen Hunden mitnehmen, was für die erfolgreiche Vermittlung eine große Hilfe darstellt. Lose wurde bereits ein Termin im Frühjahr für die nächste Fahrt ins Auge gefasst, sodass wir im neuen Jahr wieder beginnen werden, Sachspenden einzusammeln – jeglicher Tierbedarf, Hunde- und Katzenfutter (nass und trocken), Medikamente, medizinisches Material, sowie Laken, Bettbezüge, Decken (keine Federbetten!), können gerne an unseren Spendensammelstellen vorbeigebracht werden, oder werden nach Vereinbarung auch abgeholt. Für heute heißt es Viszontlátásra! (ungarisch für „Auf Wiedersehen“), ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.
Martin Valk